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Allgemeines

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Entstehen/Untergang des Anfechtungsanspruchs
Verfahrensmässiger Geltungsbereich
Sachlicher Geltungsbereich
Einzelfallbetrachtung
Rechtshandlungen des Schuldners
Einredeweise Geltendmachung
Verdachtsfristen/Fristenlauf
Verhältnis der drei Anfechtungstatbestände zueinander
Verhältnis zu anderen Rechtsnormen und Verfahren
Anwendung
Mehrheit von Rechtsgeschäften
Auch Schutz für Neu-Gläubiger
Intertemporales Recht

Entstehen/Untergang des Anfechtungsanspruchs

Der Anfechtungsanspruch entsteht erst durch die Eröffnung des Konkurses  ZR 2007 Nr. 22 S. 98  AppGer BS ZB.2014.21 E. 2.6.)  bzw. mit Bestätigung des Nachlassvertrages (mit Vermögensabtretung) sowie in der Spezialexekution mit Ausstellung des Verlustscheins.  BGer 5C.219/2006 E. 4.2.  Der Anfechtungsanspruch fällt dahin, wenn der Konkurs widerrufen wird.  ZR 2007 Nr. 28 S. 139

Verfahrensmässiger Geltungsbereich

In der Generalexekution: Anfechtungsansprüche bestehen im Konkurs (Art. 285 ff. SchKG) und beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 331 SchKG).  BGE 134 III 273 E. 4.4.2., E. 4.6.2.  BGer 5A_320/2007 E. 4.4.2.  BGer 5A_321/2007 E. 4.4.2.  RJN 2011 S. 510

Während der Nachlassstundung oder  ZR 2007 Nr. 22 S. 98 f.  bei einem ordentlichen Nachlassvertrag bestehen keine Anfechtungsansprüche.  BGE 134 III 273 E. 4.4.2.  BGer 5A_320/2007 E. 4.4.2.  BGer 5A_321/2007 E. 4.4.2.  BGer H 128/01 E. 4.

Bei Auflösung einer jur. Person zufolge Organisationsmangel (Art. 731b OR): Ordnet der Richter gemäss Art. 731b OR die Auflösung der Gesellschaft und deren Liquidation nach den Vorschriften des Konkurses an, wird ein normales Konkursverfahren durchgeführt.  BGE 141 III 43 E. 2.3.1.  BGer 5A_137/2013 E. 1.2.2.  BGer 5A_306/2014 E. 3.2.  Der Auflösungsentscheid entspricht funktional einer Konkurseröffnung.  BGer 5A_306/2014 E. 3.3. zum Beginn der Verdachtsfristen vgl. unten [39 weg] und zum Beginn der Verjährungsfrist vgl. Art. 292 [40 weg]

Im Hilfskonkurs gemäss Art. 166 ff. SchKG: Anfechtungsansprüche gemäss Art. 285 ff. SchKG können auch im schweizerischen Hilfskonkursverfahren (Art. 166 ff. IPRG) geltend gemacht werden (Art. 171 Abs. 1 IPRG).  BGE 138 III 628 E. 5.2.  BGE 137 III 570 E. 2.  Jedenfalls soweit es („in finaler Betrachtungsweise“  BGE 139 III 236 E. 4.5.)  um in der Schweiz belegene Vermögenswerte geht, ist der Anfechtungsanspruch in der Schweiz durchzusetzen, wofür das Anerkennungsverfahren gemäss Art. 166 ff. IPRG einzuleiten ist.  BGE 139 III 236 E. 4.5.  BGE 137 III 631 E. 2.3.3.  BGE 135 III 40 E. 2.5.1.  Auch wenn sich keinerlei Aktiven des Schuldners in der Schweiz befinden, kann deshalb um Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in der Schweiz nachgesucht werden, um einen Drittschuldner in der Schweiz mit einer Anfechtungsklage zu belangen.  BGer 5A_236/2009 E. 3.3.  BGer 5P.284/2004 E. 4.2.  –  Es besteht (bei Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens) insofern eine Kaskade, als in erster Linie das schweizerische Konkursamt, sekundär ein Abtretungsgläubiger und erst in dritter Linie die ausländische Konkursverwaltung Anfechtungsklage erheben können.  BGE 139 III 236 E. 4.2.  BGE 137 III 631 E. 2.3.3.  BGE 137 III 374 E. 3.  BGE 135 III 666 E. 3.2.  BGE 135 III 40 E. 2.5.1.  BGE 129 III 683 E. 5.2.

Kommentar 1: Es wird nicht vorausgesetzt, dass in der Schweiz ein Hilfskonkursverfahren (vollständig) abgewickelt wird. Auch wenn nach Anerkennung des ausländischen Insolvenzdekrets auf die Durchführung eines schweizerischen Hilfskonkursverfahrens verzichtet wird (Art. 174a IPRG), bestehen Anfechtungsansprüche gemäss Art. 285 ff. SchKG. Zum Fristenlauf vgl. Art. 171 Abs. 2 IPRG.

Sachlicher Geltungsbereich

Der Umstand, dass eine Rechtshandlung (bzw. das zugrundeliegende Rechtsverhältnis) dem öffentlichen Recht untersteht (in casu Mineralölsteuer), schliesst die zwangsvollstreckungsrechtliche Haftung (des Staates) und damit die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung nicht aus.  BGE 143 III 395 E. 4.2.  BGer 5A_316/2016 E. 3. ff.

Einzelfallbetrachtung

Bei der Würdigung sind sämtliche Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.  BGE 135 III 276 E. 8.1.  BGE 134 III 452 E. 4.2.  BGer 5C.261/2002 E. 3.1.1., E. 3.3.1.  BGer 5C.3/2007 E. 3.4.  –  Die jeweiligen Erwägungen sind im Kontext des jeweiligen Einzelfalles zu lesen (und mögen in Bezug auf gewisse Entscheide etwas apodiktisch formuliert sein).  BGE 137 III 268 E. 4.2.4.

Rechtshandlungen des Schuldners [8 hin]

Mitwirkung des Schuldners: Alle Anfechtungstatbestände setzen eine Rechtshandlung des Schuldners voraus. Der Anfechtung unterliegen somit nur Rechtsgeschäfte, an denen der Schuldner beteiligt oder vertreten war.  BGE 135 III 513 E. 8.1.  BGer 5A_44/2008 E. 2.  BGer 5C.68/2002 E. 4e  ZR 2004 Nr. 71 S. 278

Mitwirkung eines Dritten: Dass die Mitwirkung eines Dritten erforderlich ist (in casu die Genehmigung des Vorstandes bei der Übertragung von Genossenschaftsanteilen), schliesst die Anfechtbarkeit des Veräusserungsvertrages als Rechtshandlung i.S.v. Art. 288 SchKG nicht aus.  BGE 135 III 513 E. 3.6.3.

Ohne Mitwirkung des Schuldners: Die Schädigung der Exekutionsrechte der Gläubiger durch Dritte ohne die Beteiligung des Schuldners unterliegt nicht der Anfechtung.  BGE 135 III 513 E. 8.1.  BGer 5A_44/2008 E. 2. (mit Verweis auf BGE 95 III 83 E. 4a)  So verhält es sich, wenn „Umbuchungen“ zwischen verschiedenen Gesellschaften kurz vor der Insolvenz der Gemeinschuldnerin stattgefunden haben, ohne dass diese daran beteiligt oder vertreten war  BGer 5C.68/2002 E. 4e  oder bei der Verrechnungserklärung der Gegenpartei  BGer 5A_175/2010 E. 3.3.1.  HGer ZH HG100052 E. 4.3.

Verweis: zum Kausalzusammenhang gemäss Art. 288 SchKG vgl. auch [9b weg]

Beweislast: Der Anfechtungskläger trägt die Beweislast für das Vorliegen einer anfechtbaren Handlung des Schuldners.  BGer 5C.219/2006 E. 3.2.  Zur Anwendung von Art. 8 ZGB vgl.  BGer 5A_91/2010 E. 2.

Rechtshandlung. Der Wille der Parteien beim Abschluss der angefochtenen Handlung ist eine Tatfrage.  BGer 5A_75/2015 E. 4.  BGer 5A_716/2009 E. 3.2.  –  Der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs stellt eine Rechtshandlung dar, welche paulianisch angefochten werden kann.  BGer 5A_337/2008 E. 4.1., E. 4.2.  Gleiches gilt für den Abschluss einer AbtretungserklärungBGer 5C.268/2001 E. 2c/cc

Einredeweise Geltendmachung

Zulässigkeit: Die einredeweise Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen ist zulässig.  HGer ZH HG100052 E. 4.5.  KGer VD Jug/2009/44 E. I.d.

In der Generalexekution: Die Konkursverwaltung ist befugt, den im Konkurs geltend gemachten Ansprüchen des Anfechtungsgegners die Einrede der paulianischen Anfechtung i.S.v. Art. 285 ff. SchKG entgegenzuhalten.  BGer 5A_397/2013 E. 4.3. (in casu bei der Kollokation; vgl. auch BGer 5A_261/2008 E. 2.).  Auch im Rahmen eines Kollokationsprozesses können jedoch behelfsmässig keine neuen Anfechtungstatbestände geschaffen werden.  ZWR 2003 303

Kommentar 2: Dasselbe gilt in Bezug auf den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (331 Abs. 2 SchKG).

In der Spezialexekution/definitiver Verlustschein bis vor dem Urteil: In der Spezialexekution kann eine Eigentumsansprache im Widerspruchsprozess damit beseitigt bzw. eine Widerspruchsklage damit begründet werden, dass der Rechtserwerb der paulianischen Anfechtung unterliegt. Voraussetzung ist, dass der Widerspruchskläger über einen Pfändungsverlustschein verfügt.  BGer 5A_113/2018 E. 8.2.2.  BGer 5A_93/2008 E. 2.1.  BGer 5C.94/2001 E. 3b (mit Verweis auf BGE 107 III 118 E. 3).  Der Gläubiger, welcher erst über einen provisorischen Pfändungsverlustschein verfügt, muss im Grundsatz (zur Ausnahme vgl. sogleich unten[44 weg]) einen definitiven Pfändungsverlustschein vorlegen, bevor das Urteil im Anfechtungsprozess ergeht.  BGer 5C.94/2001 E. 3b

Ausnahme im Widerspruchsprozess: [44 hin]Wenn jedoch die Anfechtung im Rahmen eines Widerspruchsprozesses vorgebracht wird – somit in einem Stadium, da der Verlustscheingläubiger noch nicht das Verwertungsbegehren stellen und er somit in der laufenden Betreibung noch keinen definitiven Pfändungsverlustschein erlangen kann – muss es möglich sein, dass er sich nicht nur auf die Anfechtbarkeit berufen, sondern das Verfahren bis zum Urteil führen kann.  BGer 5C.94/2001 E. 3b (mit Verweis auf BGE 115 III 138 E. 2b und BGE 103 III 97 E. 1.).  Die Klagegutheissung erfolgt aber nur in dem Sinn, dass das Anfechtungsobjekt nur verwertet werden kann, wenn in der hängigen Betreibung ein definitiver Verlustschein ausgestellt worden ist.  BGer 5C.94/2001 E. 3b (mit Verweis auf BGE 115 III 138 E. 2c).  [41 hin]

Verdachtsfristen/Fristenlauf [13a/c hin]

Fristbeginn in der Spezialexekution/Auslösung durch die Pfändung: Entgegen dem unklaren Wortlaut von Art. 149 Abs. 3 SchKG handelt es sich beim Fortsetzungsbegehren innert sechs Monaten nach der Zustellung des Verlustscheins um eine neue, selbständige Betreibung. Die in dieser neuen Betreibung erfolgte Pfändung ist für den Beginn der Verdachtsfristen massgeblichBGer 5C.268/2001 E. 2c/bb

Fristbeginn in der Spezialexekution: Massgebend ist die Pfändung in der laufenden Betreibung bzw. in jener, die zur Ausstellung des den Gläubiger zur Anfechtungsklage legitimierenden Verlustscheins geführt hat.  BGer 5A_28/2012 E. 3. (in Bezug auf Art. 287 SchKG)  BGer 5A_93/2008 E. 3.1.1. (in Bezug auf Art. 288 SchKG und mit Verweis auf BGE 108 II 516 E. 3.)  –  Im Fall von mehreren Pfändungen in derselben Betreibung löst jede Pfändung unabhängig von den anderen die Frist aus.  BGer 5A_28/2012 E. 3. (in Bezug auf Art. 287 SchKG)  BGer 5A_901/2011 E. 4.2. (in Bezug auf Art. 288 SchKG)  –  Das konstitutive Element der Pfändung ist die Benachrichtigung des Schuldners über das Verfügungsverbot.  KGer VD Jug/2011/64 E. III.b/ii

Fristbeginn bei Konkurseröffnung während hängiger Anfechtungsklage eines Verlustscheingläubigers: Hat zunächst ein Verlustscheingläubiger eine Anfechtungsklage gegen den Dritten eingeleitet und wird in der Folge der Konkurs über den Schuldner eröffnet, so behält die Anfechtungsklage ihren Bezug zur Betreibung (bzw. zur Klage) des Verlustscheingläubigers. Für den Beginn der Verdachtsfristen bleibt der (weiterzurückliegende) Zeitpunkt der Pfändung (und nicht jener der späteren Konkurseröffnung) massgeblich.  ZR 2012 Nr. 50 S. 147 ff. [11 hin]

Fristbeginn bei Auflösung einer jur. Person zufolge Organisationsmangel (Art. 731b OR): [39 hin]Der Auflösungsentscheid entspricht funktional einer Konkurseröffnung.  BGer 5A_306/2014 E. 3.3.

Kommentar 3: Dies bedeutet, dass für den Lauf der Verdachtsfristen der Art. 286 bis 288 SchKG der Auflösungsentscheid massgeblich ist.

Fristenlauf: Dafür, ob eine Handlung innerhalb der Jahres- (Art. 286 f. SchKG) bzw. Fünfjahresfrist (Art. 288 SchKG) erfolgte, ist der Zeitpunkt entscheidend, wann die Rechtshandlung vorgenommen worden und das Aktivum aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist.  BGer 5C.134/2005 E. 3.1.  Bei Grundbuchgeschäften ist der Eintrag im Grundbuch (und nicht der Abschluss des Vertrages) massgebend.  KGer VD Jug/2009/29 E. IV.b/i. (in Bezug auf Art. 287 SchKG)

Fristende: Dafür, ob eine Handlung innerhalb der Frist erfolgte, ist der Zeitpunkt entscheidend, wann die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden und damit das Aktivum aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist.  BGer 5A_93/2008 E. 3.1.1. (in Bezug auf Art. 288 SchKG)  BGer 5C.134/2005 E. 3.1. (in Bezug auf Art. 286 SchKG)

Handlungen nach dem fristauslösenden Insolvenzereignis: Nach dem (gemäss Art. 286 bis 288 SchKG) fristauslösenden Insolvenzereignis (in casu Konkurseröffnung) erfolgte Handlungen des Schuldners unterliegen nicht der paulianischen Anfechtung.  ZR 2004 Nr. 71 S. 278

Verhältnis der drei Anfechtungstatbestände zueinander

Unabhängigkeit der Tatbestände: Jede der drei Anfechtungsklagen gemäss Art. 286 bis 288 SchKG hat ihre eigenen Voraussetzungen, welche sich nicht gegenseitig bedingen. Inwiefern andere Anfechtungstatbestände erfüllt oder nicht erfüllt sind, ist für die jeweils anderen Anfechtungstatbestände belanglos.  BGer 5A_892/2010 E. 4.4.  (in casu wurde vom Anfechtungsbeklagten vorgebracht, da gemäss Art. 287 SchKG nachträgliche Sicherheiten nicht anfechtbar sind, wenn die Sicherstellung schon ursprünglich vereinbart wurde, müsse dies auch für Art. 288 SchKG gelten, was das Bundesgericht verwarf).  –  So können namentlich Tatbestände von Art. 286 oder Art. 287 SchKG, welche ausserhalb der Jahresfrist erfolgten, unter Art. 288 SchKG fallen.  RJN 2011 S. 511  KGer VD Jug/2011/64 E. IV.b

Art. 290 SchKG schafft keinen neuen Anfechtungstatbestand: Durch Art. 290 SchKG, welcher die Passivlegitimation regelt, wird kein neuer (bzw. weiterer) Anfechtungsfall bzw. Anfechtungstatbestand begründet.  BGE 135 III 513 E. 8./E. 8.1.

Abschliessende Regelung: Die paulianischen Anfechtungstatbestände sind im Gesetz (Art. 285 ff. SchKG) abschliessend geregelt. Auch im Rahmen eines Kollokationsprozesses können behelfsmässig keine neuen Anfechtungstatbestände geschaffen werden.  ZWR 2003 303

Verhältnis zu anderen Rechtsnormen und Verfahren

Scheingeschäft: Liegt ein Scheingeschäft zwischen dem Schuldner und dem Dritten vor, dergestalt, dass Vermögenswerte bloss formell auf den Dritten lauten, so stehen diese dem Schuldner zu, und es können diese Vermögenswerte gepfändete bzw. verarrestiert werden. Damit sind die Gläubiger nicht auf eine Anfechtungsklage angewiesen.  BGer 5A_75/2015 E. 4., E. 5.  Zum Scheingeschäft vgl. auch BGer 5P.461/2000 E. 3b

Durchgriff bzw. umgekehrter Durchgriff: [25 hin]Im Fall eines Rechtsmissbrauchs im Sinne einer offenbar zweckwidrigen, missbräuchlichen Verwendung einer juristischen Person durch die beherrschende Person kann es sich im konkreten Einzelfall rechtfertigen, vom beherrschten auf das beherrschende Subjekt oder umgekehrt „durchzugreifen“  BGE 135 III 513 E. 3.6.1.  BGE 132 III 489 E. 3.2.  BGE 128 II 329 E. 2.4.  BGer 5A_144/2008 E. 3.3.  BGer 5A_587/2007 E. 2./2.1., E. 6.  BGer 5A_498/2007 E. 2.1., E. 5.  d.h. fallbezogen in der Zwangsvollstreckung gegen die beherrschende Person das Vermögen der beherrschten Person einzubeziehen  BGer 5A_587/2007 E. 2./2.1., E. 6.  BGer 5A_498/2007 E. 2.1., E. 5. (beide mit Verweis auf BGE 126 III 95 E. 4 und BGE 102 III 165 E. II/1)  FZR 1999 72 ff.  –  Wenn die paulianische Anfechtung der Veräusserung von Gesellschaftsanteilen in Frage steht, dann kann nicht allein deshalb durch den Schleier der Gesellschaft gegriffen werden, weil diese ihr Hauptaktivum (in casu ein Grundstück) an einen Dritten veräussert hat.  BGE 132 III 489 E. 3.2.  Es gibt keine Konzern-Pauliana.  FZR 1999 77

Kommentar 4: Soweit zufolge des Durchgriffs bzw. des umgekehrten Durchgriffs in der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner auf Vermögen des Dritten gegriffen werden kann, ist in der Regel eine paulianische Anfechtung obsolet. Nur in Ausnahmekonstellationen stellt sich trotz Durchgriff bzw. umgekehrtem Durchgriff die Frage der paulianischen Anfechtung. So in  BGer 5A_498/2007 E. 5., E. 7.  als in der Betreibung gegen die beherrschende Person nachfolgend zum Durchgriff durch die beherrschte Person (in casu eine Familienstiftung) auf deren Grundstück sich die Frage der Anfechtung des Wohnrechts zugunsten der beherrschenden Person (Schuldner) stellte.

Verhältnis zu Art. 193 ZGB: Art. 193 ZGB und die Art. 285 ff. SchKG haben nicht denselben Anwendungsbereich und auch nicht die gleichen Wirkungen.  KGer VD Jug/2009/29 E. II.a.  Art. 193 ZGB schützt nur Gläubiger von Forderungen, welche vor der Vermögensverschiebung bestanden haben.  BGE 127 III 1 E. 2a  BGer 5A_996/2014 E. 3.2,  KGer VD Jug/2009/29 E. II.a.  Art. 193 ZGB ist lex specialis.  BGE 127 III 1 E. 2a   KGer VD Jug/2009/29 E. II.a.  Es kann nicht zur Anfechtungspauliana gegriffen werden, soweit der Haftungsanspruch nach Art. 193 ZGB offensteht.  ZWR 2009 153  Die Anwendbarkeit von Art. 193 ZGB muss deshalb vor derjenigen der paulianischen Rechtsbehelfe geprüft werden.  BGE 127 III 1 E. 2a  BGer 5A_996/2014 E. 3.1.  KGer GR ZF 04 77 E. 4.  KGer GR KSK 10 57 E. 2b, E. 3a  KGer VD Jug/2009/29 E. II.a.  Zur Haftung gemäss Art. 193 ZGB vgl. ausführlich KGer GR KSK 10 57

Verhältnis zu Art. 392 Ziff. 2 ZGB: Im Sinne dieser Bestimmung (Bestellung eines Vertretungsbeistandes) genügt eine abstrakte bzw. eine mögliche Gefährdung für das unmündige Kind aus dem Rechtsgeschäft. Vorsicht ist insbesondere geboten bei Schenkungen des gesetzlichen Vertreters oder einer ihm nahestehenden Person an unmündige Kinder. Die aussergewöhnliche Gestaltung des Rechtsgeschäfts, wonach der Onkel seinem zweijährigen Neffen ein Grundstück zwar formell übertrug, materiell aber sämtliche Nutzungsbefugnisse unter Übernahme der Kosten beim Veräusserer verbleiben, so dass dem Beschenkten nur das nackte Eigentum blieb, ruft nach einer vertieften Prüfung der Risiken der Annahme der Schenkung. Derartige Rechtsgeschäfte bergen oftmals die Gefahr der zivilrechtlichen Anfechtbarkeit oder jener nach Art. 285 ff. SchKG. Die Gefahr besteht darin und ist nicht unbedeutend, dass der Beschenkte in ein Prozessverfahren einbezogen und mit Kosten der Rückabwicklung der Schenkung belastet wird. Aufgrund dessen war ein Vertretungsbeistand zu bestellen.  BGer 5A_743/2009 E. 2., E. 3.

Verhältnis zu Art. 578 ZGB: Paulianische Anfechtungsansprüche können zusätzlich zu den erbrechtlichen Anfechtungsansprüchen geltend gemacht werden.  BGE 138 III 497 E. 6.

Verhältnis zu Art. 579 ZGB: Die Haftung des ausschlagenden Erben gemäss Art. 579 ZGB hat gewisse Ähnlichkeiten mit den paulianischen Anfechtungsklagen. Sie unterscheidet sich von diesen aber insofern, als weder die Zuwendung durch den Erblasser oder die Ausschlagung durch den Erben in Frage gestellt werden soll, um entäusserte Vermögenswerte wiederzubeschaffen, noch auf Seiten der Beteiligten eine Absicht bestanden haben muss, Gläubiger zu benachteiligen.  BGE 131 III 49 E. 2.3.

Verhältnis zur Simulation: Der Umstand, dass mit einem Rechtsgeschäft eine Gläubigerbegünstigung bzw. –benachteiligung angestrebt wird, bedeutet noch keine Simulation.  RTiD 2007 I 775 ff.

Verhältnis zu Art. 20 OR: Die paulianische Anfechtung ist ein Institut des Zwangsvollstreckungsrechts, nicht des materiellen Rechts. Die zivilrechtliche Gültigkeit oder Ungültigkeit ist grundsätzlich keine Voraussetzung für die paulianische Anfechtung. Dass das angefochtene Rechtsgeschäft zivilrechtlich verbindlich ist, ist ohne Belang.  BGer 5C.120/2006 E. 5.1.  Die pauliansiche Anfechtung kommt (u.a.) erst dann nicht mehr in Betracht, wenn die zivilrechtliche Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gerichtlich (durch ein materielles Urteil) festgestellt worden ist.  BGE 143 III 167 E. 3.3.4.  –  Die Gutheissung der Anfechtungsklage hat nicht die zivilrechtliche Ungültigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäftes zur Folge.  BGE 143 III 167 E. 3.3.4.  BGE 136 III 341 E. 3.  BGE 136 III 247 E. 2.  BGE 135 III 265 E. 3.  BGE 134 III 52 E. 1.3.3., E. 1.4.  BGer 5A_313/2012 E. 7.1.1.  BGer 5A_892/2010 E. 4.3.  BGer 5A_58/2009 E. 3.1. (=Pra 2010 Nr. 115)  BGer 4A_502/2008 E. 3.  BGer 4A_415/2007 E. 3.2.2.  BGer 5C.261/2002 E. 3.1.3.  ZR 2007 Nr. 28 S. 138

Verhältnis zu Art. 60 Abs. 2 OR: Ein paulianische Anfechtbarkeit macht eine Handlung nicht widerrechtlich und führt somit nicht zu einer Verlängerung der zivilrechtlichen Verjährungsfristen gemäss Art. 60 Abs. 2 OR.  BGer 5C.74/2000 E. 5.

Verhältnis zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 752 ff. OR)/prozessuale Schwierigkeiten : Es mag zutreffend sein, dass die Formulierung eines Rechtsbegehrens der Anfechtungsklage bei umfangreichen Vermögensverschiebungen Schwierigkeiten bereiten kann. Diese (und andere) prozessualen Schwierigkeiten der Anfechtungsklage führen aber nicht ohne Weiteres dazu, dass ein allfälliger Schaden mittels Verantwortlichkeitsklage (Art. 752 ff. OR) geltend gemacht werden könnte.  BGer 4A_623/2017 E. 2.3.2.

Verhältnis zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 752 ff. OR)/Anspruchskonkurrenz?: Ob zwischen Verantwortlichkeitsansprüchen gegen den Verwaltungsrat nach Art. 754 ff. OR und Anfechtungsansprüchen nach Art. 285 ff. SchKG gegenüber begünstigten Dritten echte Anspruchskonkurrenz herrscht, erscheint fraglich. Die kann vorliegend aber offenbleiben. BGer 4A_324/2011 E. 3.2.  Ansprüche aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit und paulianischer Anfechtung stehen dem Berechtigen kumulativ zu.  KGer GR ZK2 11 32 E. 11.d/cc

Kommentar 5: Es besteht kein Vorrang einer der beiden Rechtsbehelfe. Dem Gesetz (OR/SchKG) kann jedenfalls kein solcher Vorrang entnommen werden. Insofern schliesst kein Rechtsbehelf  den anderen aus bzw. keiner geht dem anderen vor. Es besteht somit echte Konkurrenz und es verhält sich demzufolge so wie in Bezug auf das Verhältnis von Art. 678 OR und Art. 754 ff. OR (vgl. dazu untenstehend [5 weg]). Im Ergebnis bedeutet dies, dass nur und erst wenn (mit oder ohne Urteil) eine Leistung zufolge aktienrechtlicher Verantwortlichkeit erfolgt ist und diese unmittelbar die (gemäss Art. 285 ff. SchKG) gläubigerschädigende Handlung betrifft und „ausgleicht“ (was selten der Fall sein bzw. die Kausalität schwer nachzuweisen sein dürfte; zum unterschiedlichen Schadens- bzw. Schädigungsbegriff vgl. dazu unten [6 weg]), entfällt in diesem Umfang eine Gläubigerschädigung i.S.v. Art. 285 ff. SchKG.

Verhältnis zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 752 ff. OR)/Schadensminderungsobliegenheit: [5 hin]Das Bundesgericht gibt die Sichtweise von Böckli wieder, wonach aufgrund einer extensiv verstandenen Schadensminderungsobliegenheit konsequenterweise nicht nur die Rückerstattungsklage nach Art. 678 OR, sondern auch die paulianische Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG oder die Anfechtung der Verrechnung gegen die Gesellschaft nach Art. 214 SchKG angestrengt werden müssten, bevor eine Verantwortlichkeitsklage erhoben werden kann. Böckli hält die Schadensminderungsobliegenheit aber für eine zu schmale Basis, um eine derart einschneidende Zurücksetzung der im Gesetz angelegten Verantwortlichkeitsklage zu tragen. Das Bundesgericht stimmt dem zu (in casu ging es aber einzig um das Verhältnis von Art. 678 OR und Art. 754 ff. OR).  BGE 140 III 533 E. 3.2.2.

Kommentar 6: Der Ansicht von Böckli zum Verhältnis zwischen aktienrechtlicher Verantwortlichkeit und paulianischer Anfechtung ist zuzustimmen, so dass das vom Bundesgericht zum Verhältnis mit Art. 678 OR Gesagte analog auch in Bezug auf Art. 285 ff. SchKG gilt.

Verhältnis zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 752 ff. OR)/Schadensbegriff: [6 hin]Der Schadensbegriff bei der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit folgt dem Haftpflichtrecht. Eine Schmälerung des Konkurssubstrats kann nur mit einer paulianischen Anfechtungsklage nicht aber mit einer aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsklage eingefordert werden.  HGer ZH HG160037 E. 5.2.3.  HGer ZH HG120137 E. 5.3., E. 5.4., E. 5.6., E. 6.3.4.

Zivilrecht schliesst Anfechtbarkeit nicht aus: [2 hin] Das Anfechtungsrecht geht dem Zivilrecht vor, indem unabhängig vom materiellen Inhalt des abgeschlossenen Vertrages bzw. der Vertragsbestandteil bildenden Normen (in casu ISDA Master Agreement) Handlungen anfechtbar sind, soweit die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes erfüllt sind.  BGer 5A_892/2010 E. 4.3.  Zivilrechtliche Standardklauseln (in casu casu Cross Default-Klausel) können nicht zu einer generellen Unanfechtbarkeit bestimmter Rechtsgeschäfte führen, da ansonsten bestimmten Gläubigerkategorien eine Vorzugsstellung eingeräumt würde.  BGer 5A_386/2008 E. 4.3. (in casu „Collateral“-Zahlungen – es wurde jedoch die Schädigungsabsicht verneint)  BGer 5A_892/2010 E. 4.3.  (marktübliche Abreden in einem ISDA Master Agreement).

Verhältnis zur Akteneinsicht gemäss Art. 8a SchKG: Ein Dritter, der nicht betreibender Gläubiger ist, kann nicht durch eine Anfechtungsklage Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zuführen. Insofern ist nicht ersichtlich, dass die Einsicht in die Akten über die Pfändung in anderen Betreibungen und damit ein weitergehender Eingriff in die Privatsphäre des Schuldners notwendig wäre.  BGE 135 III 503 E. 3.5.2.

Einbezug von Grundstücken, welche Dritten gehören: [3 hin] Grundstücke, welche im Grundbuch auf einen anderen Namen als denjenigen des Schuldners eingetragen sind, dürfen (u.a.) dann gepfändet bzw. verarrestiert werden, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass der Grundbucheintrag unrichtig ist (Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 VZG). Diese Bestimmung ist in einem weiten Sinn zu verstehen.  BGer 5A_144/2008 E. 3.3. (mit Verweis auf BGE 117 III 29 E. 3. und BGE 114 III 88 E. 3a)  BGer 5A_146/2008 E. 3.3.  AppGer TI 15.2017.7 E. 4.  KGer GR KSK 15 1/KSK 15 2 E. 9.5.2.  Die gesetzliche Voraussetzung ist namentlich erfüllt, wenn der Schuldner Vermögenswerte unter solchen Umständen an Dritte übertragen hat, welche eine paulianische Anfechtung gemäss Art. 285 ff. SchKG erlauben. Der Gläubiger hat die Anfechtbarkeit für die Pfändung nur glaubhaft zu machenBGer 5A_144/2008 E. 3.3. (mit Verweis auf BGE 114 III 88 E. 3a).  BGer 5A_146/2008 E. 3.3.  KGer GR KSK 15 1/KSK 15 2 E. 9.5.2.  KGer GR 12 57 E. 5.d.  Dies gilt auch für die Anfechtbarkeit gemäss Art. 285 ff. SchKG.  BGer 5A_146/2008 E. 3.3.  KGer GR KSK 15 1/KSK 15 2 E. 9.5.2.  In Bezug auf das Glaubhaftmachen dürfen keine allzu grossen Anforderungen gestellt werden. Es reicht aus, wenn der Gläubiger Umstände glaubhaft macht, aus denen sich die Möglichkeit einer erfolgreichen Anfechtung ergibt.  KGer GR KSK 15 1/KSK 15 2 E. 9.5.2.

Verhältnis zur Pfändung: [3 hin] Auch Dritte, die Vermögenswerte des Schuldners verwahren oder bei denen dieser Guthaben hat, sind auskunftspflichtig wie der Schuldner (Art. 91 Abs. 4 SchKG). Dies gilt auch beim Arrest (Art. 275 SchKG). Wenn konkrete Indizien für paulianisch anfechtbare Rechtshandlungen des Schuldners bestehen, kann das Betreibungsamt den Schuldner für die Zeit der Verdachtsfrist von Art. 288 SchKG befragen bzw. Auskünfte verlangen,  BGE 135 III 663 E. 3.2.2.  BGer 7B.131/2001  diese mittels Dokumenten wie Bankunterlagen prüfen  BGer 7B.109/2004 E. 4.2.  und Dritte zur Edition von Dokumenten auffordern.  BGE 129 III 239 E. 3.2.1.  BGer 5A_407/2016 E. 3.1., E. 3.3.  BGer 5A_171/2009 E. 3.4.  Dritte haben auch schon im Stadium des Arrestes entsprechende Dokumente zu editieren.  BGE 129 III 239 E. 3.2.1.  BGer 5A_407/2016 E. 3.1., E. 3.2.  BGer 5A_171/2009 E. 3.4.  Es würde indes zu weit gehen, den Betreibungsbeamten im Rahmen einer Pfändung zu verpflichten, geradezu routinemässig nach anfechtbaren Rechtshandlungen zu forschen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für das Bestehen von solchen vorliegen.  BGer 7B.109/2004 E. 4.2.

Verhältnis zum Arrest/keine Auskunftspflicht Dritter: Die Auskunftspflicht (Art. 91 Abs. 4 SchKG) gilt sinngemäss auch für den Arrestvollzug (Art. 275 SchKG). Dies bedeutet, dass ein Dritter über die im Arrestbefehl genenannten Arrestgegenstände Auskunft geben muss, also auch über Gegenstände und Guthaben, an denen nominell ein Dritter und nicht der Schuldner berechtigt erscheint. Über nicht im Arrestbefehl genannte Vermögenswerte darf der Betreibungsbeamte keine Nachforschungen anstellen und keine Auskunft von Dritten verlangenBGE 130 III 579 E. 2.2.3.  Ebenso hat der Dritte auch über vor der Arrestnahme geschehene Vorfälle keine Auskunft zu geben.  AB BS 2012 53 (Bericht 2011/12 S. 57 f.)

Verhältnis zum Arrest/Beseiteschaffen von Vermögenswerten: Art. 271 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG weist gewisse Ähnlichkeiten mit der actio Pauliana auf, anders als diese legt die Arrestbestimmung jedoch keinen Zeitraum fest, in dem sich die Zahlungsflucht ereignet haben muss.  ZR 2009 Nr. 27  –

Verhältnis zum Arrest/Ausschluss von Anfechtungsansprüchen: Wenn der Arrestschuldner keinen Wohnsitz in der Schweiz hat, so dass ein Gläubiger in der arrestprosequierenden Pfändung keinen Pfändungsverlustschein erwirken kann (da die dem Arrest folgende Pfändung nur die Arrestobjekte und nicht sämtliche Vermögenswerte erfasst), so sind in der Spezialexekution Anfechtungsansprüche ausgeschlossenBGer 5A_407/2016 E. 3.3.

Verhältnis zum Widerspruchsverfahren: Das Anfechtungsurteil, das ein Gläubiger (G) gegen den Anfechtungsgegner (ST) erstritten hat (in Bezug auf die Veräusserung von Vermögenswerten durch den Ehegatten S an den Anfechtungsgegner ST), hat in der Betreibung des Gläubigers (G) keine Relevanz für die Parteirollenverteilung im Widerspruchsverfahren, wenn ein Dritter (D) eine Eigentumsansprache erhebt.  BGer 7B.159/2005 E. 4.

Verhältnis zum Zivilprozessrecht: Die klagende Partei hat auf Antrag der beklagten Partei für deren Parteientschädigung Sicherheit zu leisten, wenn andere Gründe für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung bestehen (Art. 99 Abs. 1 lit. d ZPO). Darunter fällt auch, wenn die beklagte Partei Handlungen gemacht hat, welche als anfechtbare Rechtshandlungen gemäss Art. 285 ff. SchKG qualifizieren.  CdJ GE ACJC/407/2016 E. 3.1.  CdJ GE ACJC/1080/2016 E. 2.1.  CdJ GE ACJC/814/2016 E. 2.1.

Verhältnis zum Strafprozessrecht: Die Konkursmasse ist bei Konkursdelikten des Gemeinschuldners strafprozessual nicht als Geschädigte anzusehen.  EGV-SZ 2006 A 4.1 E. 1b

Verhältnis zu Art. 70 StGB: [1 hin] Bei Konkursdelikten besteht die strafbare Handlung darin, dass Vermögenswerte der Konkursmasse entzogen wurden. Solche dem Zugriff der Gläubiger entzogene Vermögenswerte unterliegen grundsätzlich der Einziehung.  BGer 6B.396/2014 E. 3.1.  BGer 1A.38/2005 E. 3.2.  OGer ZH SB120284 E. 5.2.  Der Rückerstattungsanspruch des Verletzten geht der Einziehung von Vermögenswerten vor. Der Staat soll sich nicht zu Lasten der strafrechtlich Geschädigten bereichern.  BGer 6B_344/2007 E. 3.2.  OGer ZH SB120284 E. 3.1., E. 5.4.  BGer 1A.38/2005 E. 3.2.  Zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ist der frühere Vermögensstand des Beschuldigten bzw. der Konkursmasse wiederherzustellen, wie wenn die strafbare Rechtshandlung nicht erfolgt wäre. OGer ZH SB120284 E. 5.5.  Die Vermögenswerte sind deshalb, da diese zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung in die Konkursmasse gefallen wären, zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes dem zuständigen Konkursamt auszuhändigenBGer 5A_988/2016 E. 3.2.  BGer 6B.396/2014 E. 3.1.  EGV-SZ 2006 A 4.1 E. 4b.  OGer ZH SB120284 E. 3.1., E. 5.5.  vgl. auch  ZWR 2011 285 ff.  –  .

Verhältnis zu Art. 70 StGB: In Bezug auf die Frage der Gleichwertigkeit (im Zusammenhang mit Art. 70 Abs. 2 StGB) bietet sich die Orientierung an der Praxis zur paulianischen Anfechtung an.  OGer ZH SB130459 E. 3.1.7.

Verhältnis zu Art. 163 ff StGB: Das Strafrecht dient dem Gläubigerschutz (nur) durch die generalpräventive Wirkung der Strafandrohung. Der Umfang des Gläubigerschutzes ergibt sich hingegen aus dem Zwangsvollstreckungsrecht.  BGE 141 III 527 E. 3.5. (in Bezug auf Art. 163 ff. StGB)  BGE 134 III 52 E. 1.3.4. (in Bezug auf Art. 164 StGB)  BGer 4A_415/2007 E. 3.2.2. (in Bezug auf Art. 167 StGB)  OGer ZH SB120284 E. 5.5.  –  Die Bestimmung von Art. 164 Ziff. 1 StGB lehnt sich an die Schenkungspauliana nach Art. 286 SchKG an.  BGE 134 III 52 E. 1.3.2.  BGE 131 IV 49 E. 1.3.3.  BGer 6B.396/2014 E. 3.1.  ZWR 2011 285 f.  Die anfechtungs- und die strafrechtlichen Bestimmungen überlagern sich, sind aber was die Voraussetzungen angehen, nicht deckungsgleich.  BGer 6B_434/2011 E. 2.2.  KGer VD Jug/2011/64 E. III.b/iii  KGer VD Jud/2010/24 E. III.b/iv (in Bezug auf Art. 287 SchKG und Art. 167 StGB)  OGer ZH SB120284 E. 5.5. (in Bezug auf Art. 286 SchKG und Art. 164 StGB)  zur strafrechtlichen Einziehung vgl. oben [1 weg]

Verhältnis zum Steuerrecht: Der Einkommenssteuer unterliegt jeder Reinvermögenszugang. Dies gilt auch für fiktive Gewinne aus einem betrügerischen Schneeball-System.  BGer 2C_347/2007 / 2C_460/2007 E. 3.  BGer 2C_349/2007 / 2C_459/2007 E. 3.  BGer 2C_565/2007 E. 2.2.  –  Ist ein Vermögenszugang mit einem „korrelierenden“ Abgang belastet, so wird er dadurch „neutralisiert“. Der Abgang lässt den Zugang zu einer „Nichteinkunft“ werden. Neutralisierende Wirkung kommt (namentlich bei betrügerischen Anlagesystemen mit Schneeballcharakter), insbesondere den paulianischen Tatbeständen zu. Bis Klarheit herrscht, ob die Masse Anfechtungsansprüche erhebt, herrscht ein Schwebezustand.  BGer 2C_342/2016 / 2C_343/2016 E. 2.2.3, E. 3.3.2.  BGer 2C_776/2012 / 2C_777/2012 E. 3.3.  BGer 2C_351/2010 E. 4.  –  Häufig stellt das Bundesgericht in Bezug auf fiktive Gewinne nur auf Art. 286 SchKG bzw. auf Art. 286 und 287 SchKG und damit auf die Jahresfrist dieser Tatbestände ab, so dass Gutschriften, welche ausserhalb (d.h. vor) der Jahresfrist erfolgten, (mangels neutralisierender Wirkung) als Einkommen besteuert werden.  BGer 2C_347/2007 / 2C_460/2007 E. 3.  BGer 2C_349/2007 / 2C_459/2007 E. 3.  BGer 2C_565/2007 E. 2.2.  BGer 2A.506/2006 E. 3.4.  BGer 2C_192/2007 E. 3.  BGer 2P.300/2003 E. 2.  Grund dafür ist, dass die Voraussetzung (gemäss Art. 288 SchKG) der Erkennbarkeit auf Seiten der Empfänger zumindest für dem Schuldner nicht nahe stehende Investoren nur ausnahmsweise bzw. kaum je erfüllt sind. Aufgrund dessen sind solche Investoren in aller Regel nicht passivlegitimiert, weshalb die fünfjährige Anfechtungsfrist auf sie höchstens ausnahmsweise Anwendung findetBGer 2C_342/2016 / 2C_343/2016 E. 3.3.2.  In einzelnen Fällen stellt das Bundesgericht jedoch auch auf Art. 288 SchKG und damit auf die fünfjährige Frist ab.  BGer 2C_776/2012 / 2C_777/2012 E. 3.3.

Anwendung

Restriktive Handhabung/Schutz der Rechtssicherheit: [16 hin]Bei der Anfechtungsklage handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der seiner Natur nach restriktiv zu handhaben ist.  BGE 136 III 247 E. 2.  BGer 5A_750/2008 E. 2.  AppGer BS ZB.2017.34 E. 5.2.  Es darf insbesondere nicht aus den Augen verloren gehen, dass zivilrechtliches Handeln immer auch vor dem Hintergrund der Insolvenzbeständigkeit vor sich geht. Es ist im Geschäftsverkehr einerlei, ob ein Rechtsgeschäft durch eine allfällige Anfechtungsklage zivilrechtlich dahinfällt oder ob lediglich die Vollstreckung in die empfangenen Vermögenswerte zu dulden ist; unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung des Instituts der Anfechtung bzw. von der technischen Umsetzung ist das Vertrauen in die Beständigkeit gültig geschlossener Verträge und damit der Rechtssicherheit betroffen.  BGE 136 III 247 E. 2.  BGer 5A_750/2008 E. 2.

Kommentar 7: Diese Rechtsprechung ist abzulehnen. Zum einen handelt es sich bei den Anfechtungstatbeständen nicht um Ausnahmetatbestände im Verhältnis zum Zivilrecht; vielmehr geht das Anfechtungsrecht dem Zivilrecht vor bzw. es übersteuert dieses (BGer 5A_892/2010 E. 4.3. ;vgl. Verhältnis zu anderen Normen[2 weg]). Zum anderen sind Ausnahmebestimmungen weder restriktiv noch extensiv, sondern nach ihrem Sinn und Zweck im Rahmen der allgemeinen Auslegungsregeln auszulegen (BGE 141 V 674 E. 2.2., BGE 139 V 148 E. 5.2., BGE 138 V 455 E. 5.2., BGE 136 V 84 E. 4.3.2., BGE 130 V 229 E. 2.2. m.w.H.).

Lex Concursus: Wird ein Insolvenzverfahren in der Schweiz durchgeführt, dann kommt auch für Anfechtungsklagen schweizerisches Recht (Art. 285 ff. SchKG) zur Anwendung.  BGer 5C.68/2002 E. 4c/4e

Kommentar 8: Bei Anerkennung eines ausländischen Insolvenzdekrets (gemäss Art. 166 ff. IPRG) und Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens richten sich auch Anfechtungsansprüche nach Art. 285 ff. SchKG (Art. 171 IPRG). Es wird nicht vorausgesetzt, dass in der Schweiz ein Hilfskonkursverfahren (vollständig) abgewickelt wird. Auch wenn nach Anerkennung des ausländischen Insolvenzdekrets auf die Durchführung eines schweizerischen Hilfskonkursverfahrens verzichtet wird (Art. 174a IPRG), bestehen Anfechtungsansprüche gemäss Art. 285 ff. SchKG. Zum Fristenlauf vgl. Art. 171 Abs. 2 IPRG.

Grundsätzlich keine Beachtung durch die Betreibungs- und Aufsichtsbehörden: Die Betreibungsbehörden (Betreibungs-, Konkursämter und Aufsichtsbehörden) haben nicht über die Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften zu entscheiden; sie sind dafür nicht zuständig.  BGE 130 III 672 E. 3.4. (mit Verweis auf BGE 74 III84 E. 2)  BGer 5A_471/2013 E. 3.2.2.  BGer 7B.208/2005 E. 2.  Die Art. 286 bis 288 SchKG werden (von den Betreibungsbehörden) deshalb auch nicht von Amtes wegen angewendetBGE 130 III 672 E. 3.4. (mit Verweis auf BGE 74 III84 E. 2)  zur Berücksichtigung im Rahmen der Pfändung oder eines Arrestes vgl. oben [3 weg]

Beachtung durch die Zivilgerichte: Über die Anwendung der Art. 285 ff. SchKG haben die Gerichte zu entscheiden (Art. 289 SchKG).  BGer 7B.18/2006 E. 4.3.3.  Damit, dass die Anfechtungsbestimmungen nicht von Amtes wegen anzuwenden seien (wie das Bundesgericht in BGE 74 III 84 ff. sagte), wollte einzig gesagt werden, dass von einem nach Art. 285 Abs. 2 SchKG dazu Berechtigten überhaupt eine Anfechtungsklage eingereicht worden sein muss.  BGer 5C.120/2006 E. 3.2.1.

Kommentar 9: Im Anfechtungsprozess gilt selbstverständlich, dass das Gericht das Recht (d.h. die Bestimmungen über die paulianische Anfechtung) von Amtes wegen anwendet (iura novit curia).

Mehrheit von Rechtsgeschäften

Einheitliches Rechtsgeschäft: Anfechtbar ist die fragliche Rechtshandlung in ihrer Gesamtheit (BGer 5C.3/2007 E. 3.). Liegen nicht mehrere getrennte Verträge, sondern ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, so ist das strittige Rechtsgeschäft als Ganzes anfechtbar. BGE 130 III 235 E. 2.1.1., E. 6.1.2., E. 6.2BGer 5C.3/2007 E. 3.  Dies ist namentlich der Fall, wenn der Schuldner ein Aktivum veräussert und ihm der Erwerber gleichzeitig ein Vorrecht einräumt, wie dies bei der Veräusserung einer Liegenschaft gegen Einräumung eines Wohnrechts der Fall ist.  BGE 130 III 235. E. 5.1.  BGer 5A_19/2014  BGer 5A_391/2012  BGer 5C.3/2007 E. 3.  BGer 5A_210/2007 E. 5.2. („une opération d’ensemble unique, révocable“ mit Verweis auf BGE 33 II 345 E. 5.)  –  Als Folge ist auch das zweite Rechtsgeschäft (in casu die Einräumung eines Wohnrechts) in betreibungsrechtlicher Hinsicht unbeachtlich. Die Anfechtbarkeit (auch des Wohnrechts) kann ohne weiteres im Verfahren gegen den Grundeigentümer als Anfechtungsgegner festgestellt werden. Dieser hat als Folge der Anfechtbarkeit die Verwertung des Grundstück ohne das Wohnrecht zu dulden. BGE 130 III 235 E. 6.2.  BGer 5C.3/2007 E. 3.  Vgl. dazu oben [4 weg]

Kettengeschäft: [20 hin]Unter der Voraussetzung eines bösgläubigen Rechtsnachfolgers (i.S.v. Art. 290 SchKG) können (gegen diesen bösgläubigen Rechtsnachfolger) auch Kettengeschäfte angefochten werden, bei welchen der Schuldner zunächst mit seinem Vertragspartner kontrahiert hat und dieser nachfolgend ein Rechtsgeschäft mit dem bösgläubigen Rechtsnachfolger abgeschlossen hat.  BGer 5C.120/2006 E. 5.1BGer 5A_210/2007 E. 5.2. („combinaison d’actes juridiques“ mit Verweis auf BGE 52 II 57 f.)  vgl. auch BGE 135 III 513 E. 8.2.

Kommentar 10: Es gilt damit, zwei Konstellationen auseinanderzuhalten: Einerseits kann in gewissen Konstellationen die Gegenpartei des ersten Rechtsgeschäfts ins Recht gefasst werden (obschon gleichwertige Leistungen ausgetauscht wurden), wenn dieser die darauffolgende nachteilige Mittelverwendung (durch ein zweites Geschäft in der Kette) voraussah oder voraussehen musste (sog. einheitliches Rechtsgeschäft). Andererseits kann gestützt auf Art. 290 SchKG ein Rechtsnachfolger (d.h. die Gegenpartei des zweiten Rechtsgeschäftes) ins Recht gefasst werden, namentlich bei sog. Kettengeschäften.

Auch Schutz für Neu-Gläubiger

Nachteil auch für Neu-Gläubiger: Es ist unerheblich, ob die Forderung derjenigen Gläubiger, welche durch die anfechtbare Handlung geschädigt wurden, vor oder nach dieser Handlung entstanden sind. Auch wer zeitlich erst nach der anfechtbaren Handlung Gläubiger des Schuldners geworden ist, kann durch dieselbe bei der Vollstreckung der Forderung benachteiligt werden.  BGer 5A_353/2011 E. 5.4.3.

Intertemporales Recht [12a/f hin]

BGE 131 III 327 in Bezug auf die per 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen  –  KGer VD HC/2016/361 E. 3.3.  in Bezug auf die per 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen  –  BGer 5A_378/2016 E. 3.3.1.  BGer 6B_886/2018 E. 2.4.1.  BGer 5A_85/2015 E. 4.1. in Bezug auf die per 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen